Freitag, 24. Juli 2015

Leben bedeutet...



....Traurigkeit & Angst in Hoffnung verwandeln...
...den nächsten Schritt wagen...
...sich Zeit nehmen...
...lieben & lachen...
...in Bewegung bleiben...
...Glücksmomente auskosten...
...Wunder erleben...



Dienstag, 21. Juli 2015

Meine Buche

Im Park meines Heimatortes steht eine Buche. Das Besondere an diesem Baum, ist eine große Astgabel, die ich mir als Liegefläche auserkoren habe. Die Holzoberfläche fühlt sich weich und glatt an und der Ast wölbt sich bogenförmig gen Himmel, sodass ich mich wunderbar an ihm anlehnen kann. Er ist weder zu steil, noch zu flach. 
Dieser Platz eignet sich perfekt zum Lesen, Träumen und zum Nachdenken. Auf ihm liegend, vergesse ich Zeit und Raum und bin ganz bei mir. Manchmal fühlt es sich so an als wäre er eigens für mich gewachsen. Wenn ich den Blick in den Himmel richte, beobachte ich wie  der Wind die Blätter sanft hin und her wiegt  und dabei ein weiches, aber intensives Rascheln zu hören ist. Wenn dann das Licht durch das Blattwerk hindurch schimmert, sieht es so aus als würden die hellen Strahlen auf ihnen tanzen. 


Eine weitere Besonderheit meiner Buche ist ein Astloch, das sich nach jedem Regenguss mit Wasser füllt...als befände sich ein kleiner See im Holz, auf dessen Oberfläche sich die Blätter der Baumkrone spiegeln. 


Ich finde jeder Mensch sollte so einen besonderen Platz haben, an dem er den Rest der Welt für einen Augenblick vergessen kann.


Montag, 20. Juli 2015

Schafsköteltag

Der Übergang von ganzwöchigem Therapieangebot in den Alltag ist einfach zum Schafsköteln. Nach drei Monaten Tagesklinik fühle ich mich total allein gelassen und zudem überfordert mit so viel Zeit, die mir nun zur Verfügung steht. Ja, auch Freizeit kann qualvoll sein. Es fehlt das Muss früh zeitig aufzustehen. Klingt eigentlich nach Spiel, Spaß & Spannung, ist es aber nicht. Mein Tagesrhythmus passt sich meinen bevorstehenden Terminen an und die Möglichkeiten des sozialen Austauschs sind auch begrenzt. Der Absprung in den Alltag erfolgte einfach zu abrupt. Was fehlt, ist so eine Art stufenweise Wiedereingliederung. Der Übergang von Wochenende ins gefühlte endlos Wochenende, lässt sich einfach nicht schön reden, wenn man bereits zwei Jahre mit Genesung verbracht hat. Heute bin ich einfach unzufrieden mit mir und der Welt. Ich hoffe, dass ich bald wieder neuen Anschluss finde. Aber es gibt eben auch einfach mal schlechte Tage.


Freitag, 17. Juli 2015

Auch das dickste Schafsfell braucht einmal Perwoll

Ich war 14 Wochen in einer psychiatrischen Tagesklinik. Daraus mache ich kein Geheimnis. Wer eine Krebserkrankung hinter sich hat, ist hinterher auch seelisch verwundet. Ich bin der Meinung, wer von sich behauptet, dass seine Seele keinen Schaden von den Therapien genommen hat, der macht sich selbst und anderen etwas vor. Davon bin ich überzeugt. 
Psychotherapeutische Hilfe wird häufig abgelehnt, da damit oftmals Schwäche verbunden wird. Sätze wie: ,,Was denken denn die anderen, wenn ich zum "Seelenklempner" gehe?", ,,Früher mussten wir auch ohne Psychotherapie unser Leben meistern.", oder auch, ,,Da muss man sich eben mal zusammenreißen.", sind schlichtweg unter geistigem Dünnschiss zu verbuchen, aber leider noch in vielen Köpfen allgegenwärtig. Angst vor Ablehnung und Stigmatisierung spielen eine Rolle. Zudem ist es oftmals leichter die schmerzhaften Gefühle zu verdrängen, anstatt sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Doch mit verdrängten Emotionen verhält es sich ähnlich wie mit einem Ball, den man krampfhaft versucht unter Wasser zu halten... irgendwann kommen sie wieder an die Oberfläche und zwar mit voller Wucht. 
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es sich lohnt professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Es tat mir gut meine Last nicht allein zu tragen. Außerdem habe ich gelernt meine Gefühle besser einzuordnen. Auch, mir schlicht weg, etwas von der Seele zu reden, hilft mir bei meiner Krankheitsverarbeitung. Es muss ja nicht gleich ein Klinikaufenthalt sein, auch eine ambulante Psychotherapie ist sinnvoll. Gerade für Krebspatienten gibt es speziell ausgebildete Psychoonkologen.


"Menschen glauben, dass sie normal sind, weil sie alle das gleiche machen. 
Menschen, die anders sind, gelten leicht als verrückt."

Paulo  Coelho 


Da heute mein letzter Therapietag war, möchte ich nun noch etwas persönlicher von meinen Eindrücken, die ich aus der Tagesklinik mitnehme, berichten. 
Ich blicke auf eine emotionale Zeit zurück, die mich unglaublich geprägt hat. Als sprichwörtlich, kleines Häufchen Elend, kam ich in die Klinik und ich gehe, als stolze Frau mit neuem Mut im Herzen. 
Ich habe Menschen getroffen, denen schwere Schicksalsschläge widerfahren sind und die es nicht verdienen, von der Gesellschaft für ihre seelische Erkrankung belächelt zu werden. 
Die meisten meiner Mitpatienten sind starke Persönlichkeiten mit enormer innerer Stärke und einem großen, tapferen Herzen, denen das Leben einfach übel mitgespielt hat. Sie sind die wahren Helden unserer Gesellschaft, da sie ihr Problem anpacken und Mut zur Veränderung haben. Sie lassen sich nicht von ihrer Vergangenheit unterkriegen, sondern kämpfen für ein glücklicheres Leben und arbeiten hart an sich.
Initiative, anstelle von Selbstmitleid, das ist ihre Devise. Verrückt sind nicht die Menschen, deren Seele, Unfassbares zugemutet wurde, sondern die Welt, die häufig nur wenig Platz hat für Gefühlsmenschen und Andersdenkende. 
Ich habe Zuwendung und Mitgefühl erfahren, obwohl jeder von meinen Leidensgenossen selbst genügend mit sich herumzuschleppen hat. Ich habe mit und von ihnen gelernt. 

Ich danke euch von ganzem Herzen, Ihr Lieben! 
Lasst Euch nicht unterkriegen...seid frech und wild und wunderbar :)

Nochmals DANKE für dieses wundervolle Abschiedsgeschenk, meine liebe K.K.!!!! 
Du fehlst mir jetzt schon unglaublich.

Auch meinem kleinen Rapunzel liebsten Dank für das selbstgenähte süße schwarze Schaf :)

Alles, was Schaf liebt :) * Mäh in black *

Schwarzes Schaf im Teigmantel







Donnerstag, 16. Juli 2015

? - !

Als ich krank war, stellte ich mir mehrfach die Fragen: Wieso ich?, Woher kommt mein Krebs? und Weshalb gerade jetzt?. Nun, darauf wird mir natürlich niemand eine Antwort geben können. Es gibt höchstwahrscheinlich auch nicht die einzig wahre Erklärung, aber dennoch stelle ich mir diese Fragen hin und wieder. Der Papst würde sicherlich von einer Prüfung Gottes sprechen... die meisten Menschen von Schicksal... Esoteriker vom Zeichen des Universums... Seelenheiler vom Hilferuf der Seele an den Körper... Schulmediziner argumentieren mit Statistiken, die dieses und jenes belegen... auch die Krebsforschung hat jedes Jahr eine neue Erkenntnis.
Eigentlich ändert es auch nichts, wenn ich weiß, ob mir meine Urahnen irgend ein Bösewicht- Gen vererbt haben oder ob ich zu viel Pestizide inhaliert und zu wenig Himbeeren gegessen habe. Auf all diese Dinge habe ich persönlich wenig Einfluss und kann bestenfalls in Zukunft meine Ernährungsweise optimieren und auf ausreichend Bewegung und Frischluft achten.
Was für mich zählt, ist, dass ich diese Krankheit überstanden habe. Ich versuche mir die positiven Dinge vor Augen zu führen. Von ihnen kann ich zehren und an ihnen werde und bin ich schon gewachsen. Das Kranksein lehrte mich auf radikale Art und Weise mehr auf mich und meine Bedürfnisse zu achten. Mein Körper sendet mir deutliche Signale, wenn ich meine Leistungsgrenze überschreite. Ich bekomme sofort eine Erkältung oder brauche mehrere Tage um meinen "Akku" wieder aufzuladen. Solange ich gesund war, dachte ich, es wäre selbstverständlich auf allen Hochzeiten zu tanzen und es allen immer recht machen zu müssen. Das Wörtchen NEIN gehörte nicht zu meinem Wortschatz.

Happymaker

"Ich brauche heute einfach mal nur Zeit für mich" - diesen Satz gebrauche ich mittlerweile und ich genieße es sogar, wenn ich Zeit mit mir allein verbringen kann. Manchmal bin ich dabei sogar produktiv...ich nähe, bastle oder schreibe Briefe. Ich lebe wieder, anstatt zu funktionieren.

Freitag, 3. Juli 2015

Danke, Michaela!

,,Die wahre Lebenskunst besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen"

Neulich verfasste ich den Post Gänseblümchen für die Seele. Es ging um Momentversüßer und Seelenstreichler, die den Alltag erst zu etwas Besonderem machen. 
Normalerweise "pflücke" ich mir meine Gänseblümchen selber, doch es gibt auch Menschen (eigentlich sind es Engel), die Gänseblümchen verschenken. Ein solch wundervoller Mensch ist Michaela. Sie überraschte mich spontan mit einem Paket, das mich genau zur richtigen Zeit erreichte. Am Montag hatte ich mal wieder ein emotionales Tief, mit Selbstzweifeln und allem, was dazugehört. Da bekam ich dieses liebevoll gefüllte Päckchen im Kinderschuhkarton mit allem, was Schaf liebt...


Ich gestehe, ich musste einige Tränen lassen, weil ich einfach so überwältigt war von dieser tollen Überraschung! Schafsklopapier- das ist doch der Hammer?!Yippie- määääh!!!!:) 

Am Meisten berührten mich allerdings folgende Zeilen auf dieser beigefügten Postkarte:



,,Liebe Jule, vor einigen Tagen habe ich an Dich denken müssen und Dir einfach spontan diesen Beutel gestaltet, weil ich fand, dass jedes "Schaf"seinen eigenen Beutel braucht! Und heute lese ich Deinen Blog und so viele Dinge auf Deiner Liste, könnten auch meine sein, z.B. Dinge basteln und an liebe Menschen verschenken, neue Teesorten ausprobieren und so weiter. Und genau deswegen habe ich ganz spontan dieses kleine Päckchen gepackt, weil ich es auch immer toll finde, wenn es der Postbote bringt. Hab viel Spaß damit und sei ganz lieb gedrückt und wir sind definitiv Seelenverwandte und dein Blog ist super (...)."

Soooooooo etwas Liebes!!!! Ein super wolliges DANKESCHÖN von deinem Schäfchen :-*


Mittwoch, 1. Juli 2015

,,Das Märchen von der traurigen Traurigkeit" oder ,,Trockenbrot und saure Gurken"

Ich habe das Märchen von der traurigen Traurigkeit zum ersten Mal vor einem Jahr gelesen. Kurz nachdem meine Chemo abgeschlossen war, überrollte mich eine gigantische Welle von Trauer, Schmerz und Erschütterung. 
Nachdem vier Zyklen des Giftcocktails durch meine Venen geflossen waren, fühlte es sich für mich so an, als müsste jede einzelne Zelle meines Körpers einen ganz üblen Kater aussitzen. Was fehlte, war der Filmriss am Morgen danach. Rückblickend hätte ich wohl einfach auf das altbewährte Hausmittel zurückgreifen sollen - Trockenbrot und saure Gurken. Vielleicht wäre mir dann das Nachfolgende erspart geblieben. Denn meine Seele begann kurze Zeit nach der Therapie, damit das Erlebte zu verarbeiten und präsentierte mir fortlaufend Szenen meines ganz persönlichen Krebsdramas. Wäre ich auf die Idee gekommen die Bilder meiner Erinnerungen zusammen zu flicken und mit dem dazu passenden Soundtrack zu untermalen, hätte ich dafür sicherlich fünf Oskars abgesahnt. 
Schmerzlich waren nicht allein die Bilder, sondern die damit verbundenen Gefühle. Es gab Momente, in denen wollte ich vor der Traurigkeit davonlaufen. Oft möchte ich das auch heute noch. Doch das Märchen hat mir gezeigt, dass es sich lohnt die Tränen zuzulassen... 

Das Märchen von der traurigen Traurigkeit
Es war eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei einer zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen, das da im Staub auf dem Wege saß, schien fast körperlos. Sie erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?"
Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit", flüsterte die Stimme stockend und leise, dass sie kaum zu hören war.
"Ach, die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte grüßen.
"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.
"Natürlich kenne ich dich! Immer wieder hast du mich ein Stück des Weges begleitet."
"Ja, aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?"
"Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtling einholst. Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?"
"Ich... bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme.
Die kleine alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also", sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so bedrückt."
Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht.
"Ach, weißt du", begann sie zögernd und äußerst verwundert, "es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest."
Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muss sich nur zusammenreißen. Und spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."
"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir schon oft begegnet."
Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. "Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf, wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh. Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Statt dessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu."
Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt.
Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlte, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel. "Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt."
Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber ... aber - wer bist eigentlich du?"
"Ich?" sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen. "Ich bin die Hoffnung."
(Quelle unbekannt)