Mittwoch, 22. März 2017

Das Schaf, der liebe Gott und das große Ganze

Ich wurde häufig gefragt, ob ich noch an Gott glauben kann, nachdem der Krebs im Schafspelz zu mir kam. "Hm, ich verstehe die Frage nicht", war dann meine Antwort.

Ist es Gott, der für das Leid sorgt? Ist es seine Absicht, alles Leid von uns abzuwenden oder hat auch der Schmerz seine Berechtigung in unserem Leben? Ergäbe das große Ganze dann noch Sinn, würde er uns vor allem Bösen beschützen? Hat Mama mich vor allem beschützen können und liebt sie mich deshalb weniger, weil sie es nicht immer konnte? (Das gleiche gilt übrigens für Papa.)  Ich weiß es nicht. Ich bin weder Gott, noch das große Ganze und erst recht nicht meine Mama (ganz zu schweigen von Papa). Aber ich habe ein Gefühl. Das Gefühl war wie ein kleiner Lichtstrahl, der auch am Abgrund noch hell flimmerte und mir flüsterte: "Du bist nicht allein. Ich halte dich."

Wer jetzt denkt: "Alter, die hört Stimmen-ist die noch ganz dicht?". Ich meine mit der Stimme mehr so eine Art "inneres Herzflüstern", das ich beständig wahrnahm. Es war so präsent wie mein Herzschlag in meiner Schafsbrust.

Ich nenne ihn übrigens Gott, weil ich ihn so kennengelernt habe. Jeder darf ihn nennen wie er mag. Für mich ist es Gott. Ich kann nur für mich sprechen und sagen: Gott war immer da. Er konnte nicht alles von mir abwenden, aber er hat mir die Gabe geschenkt, seine kleinen Wunder sehen zu können, die da am steinigen Weg für mich bereitet waren. Ich mag jetzt gar nicht alle aufzählen, möchte lediglich erwähnen, dass es sich um kleine, unscheinbare Gesten von Freunden, Familie oder Ärzten handelte. Besondere Begegnungen und Fügungen, die zwischen den Zeilen meiner Geschichte zu finden sind, gehören dazu.

Ich mag niemanden verurteilen, der sagt, dass es für ihn da niemanden gibt. Möglicherweise ist der Schmerz so groß, dass man da an keine gute, höhere Macht mehr glauben mag. Das ist auch verständlich. Wie bereits erwähnt, ich spreche hier für mich allein.

Manche nennen mich optimistisch. Ich glaube, ich habe einfach nur gelernt zu sehen. Natürlich habe ich auch Tage, an denen ich mich in schwarzer Schafswolle verstricke. An solchen Tagen bin ich eher blind und tapsig. Allerdings bin ich auch bloß ein Schaf und das ist schlicht und ergreifend menschlich...ähm, ich meine määähnschlich.

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