Samstag, 25. Februar 2017

Nasse Schafswolle

Es gibt dicke Schafe, dünne Schafe, schwarze Schafe, braune Schafe, weiße Schafe, Schafe mit langer glatter Wolle und gelockte Schafe. Mit Sicherheit auch Schafskreuzungen. Jedes Schaf hat Stärken und Schwächen und besondere Eigenheiten. Manchmal dreht auch eins durch oder verschwindet einfach. Sicher ist, da wo viele Schafe zusammen sind, kann auch viel passieren. Die übliche Gruppendynamik in Schafsherden eben. Da ist es oft nicht so leicht als Einzelschaf das innere Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Da passieren Fehler und man ist zeitweise ziemlich doof und unfair, weil Schaf gerade die eigene Wolle mit fremder Wolle vermischt hat, obwohl es sich erstmal um seine eigne Wollpflege hätte kümmern sollen. Ich nenne es den schwarzen Schafstunnelblick, der üble Folgen hat, wenn man aus seinem Blickwinkel heraus, versucht Probleme zu lösen. Dann leiden zuerst die Lieblingsschafskumpels, weil die eben am nähsten dran sind. Vor allem das Schaf selbst, weil es sich folglicherweise  die Schuld nicht verzeihen kann. Da ist es dann so, dass das Schaf von einer Matschpfütze in die nächste tritt...ganz hibbelig und ungeduldig, weil es Angst hat den Fehler nicht mehr gut machen zu können. Dabei sollte es zunächst in aller Ruhe eine grüne Stelle mit Gänseblümchen aufsuchen und dann schauen, was da alles im eignen Wollekleid festhängt...was es so doof hat werden lassen. Zwischendurch sollte Schaf sich mit einem Gänseblümchen belohnen, weil es sich getraut hat, an die eigene Wolle zu fassen. Plötzlich erkennt es, dass da auch noch alte Verletzungen unter der Wolle sind, die Schaf mit sich herumschleppt. Verletzungen, die wieder aufgeschubbelt wurden, weil es so nah an den anderen Schafen dran war. Je lieber man ein anderes Schaf hat, desto näher ist man auch dran und da ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die alten noch nicht vollständig verheilten Wunden wieder aufgehen, die vorher gut geschützt unter der dicken wolligen Schicht ruhten. Das tut unglaublich weh, wenn da eine Stelle wieder aufgeht. Was da wie Blut und Wundflüssigkeit aus der Schafshaut tritt, sind Selbsthass, Ängste und Schuldgefühle aus längst vergangenen Zeiten. Da reicht manchmal ein einfaches Pflaster nicht. Die Gefühle brodeln dann wie ein heftiges Gewitter über dem Schäfchen. Es muss sich zunächst neu orientieren und schauen wie es wieder ins Trockene kommt. Manchmal braucht es dann ein paar treue Schafskumpels um sich, die die Macke des schwarzen Schäfchens bereits kennen und die ihm ab und an ein wenig dabei helfen die Wolle zu föhnen. Nasse Wolle ist schwere Wolle. Liebevolle Föhnluft kann dann wirklich entlastend sein für die vier Schafsbeine. Ein wenig frische Frühlingsluft und Zeit trocknen auch noch den Rest. Dann hält auch das Pflaster wieder und die Wunde kann in Ruhe heilen. Es kann nicht erwarten, dass die anderen Schafe es noch gern haben, nachdem es sie so verletzt hat, aber es hofft, dass sie ihm zumindest irgendwann verzeihen.


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